1968 – Bilanz einer politischen
und kulturellen Grenzüberschreitung Vortrag von Thomas Hecken
Personen Projekte Perspektiven Freitag, den 13. Juni 2008 um 20 Uhr laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein
Atelierhaus - Alte Schule - Äbtissinsteig 6 Essen-Steele
Thomas Hecken 1968 – Bilanz einer politischen
und kulturellen Grenzüberschreitung
Die
teilweise erhitzten Diskussionen noch 40 Jahre nach „1968“ beweisen
eindrucksvoll, dass die Einordnung der Ereignisse Ende der 60er Jahre
immer noch Fragen aufwirft und politisch weiterhin umstritten ist. Hinter
vielen persönlichen Erinnerungen und nachträglichen polemischen Einschätzungen
verschwinden allerdings oftmals genauere Kenntnisse, was die Protestierenden
nach 1966 in Deutschland und international tatsächlich angetrieben hat.
Vor allem der zeitweilig bestehende Bezug von Politik und Kulturrevolution,
von Neuer Linker und Underground, von Avantgarde und Pop wird dabei
zu wenig berücksichtigt. Die harsche Kritik der antiautoritären Bewegung an vielfältigen
möglichen Formen autoritärer Abstände und Hierarchien geht weit über
eine Kritik offener Repression und staatlicher Machtausübung hinaus,
sie bezieht sowohl das Intim- bzw. Privatleben als auch die aus Sicht
der Neuen Linken nur scheinbar technisch begründeten Formen der Arbeitsteilung
ein. In Vorwegnahme der angestrebten direkten Demokratie in den Betrieben
und der politischen Verwaltung streben die Wortführer der Neuen Linken
als ihre politische Handlungsbasis nicht eine Partei und als ihre Bühne
das Parlament an, sondern eine Bewegung, die sich in der (wenn nicht
immer legalen, so doch stets im Sinne eines höheren Rechts legitimierten)
öffentlichen Aktion ihr eigenes Programm und ihre eigene vorübergehende
Struktur gibt. Das geht nicht selten sogar bis zu einer (theoretischen)
Überführung einiger Organisationsformen der antiimperialistischen Kämpfer
in Lateinamerika und Vietnam nach Westeuropa und Nordamerika; auch bei
der Guerilla sieht man die Aufhebung der mannigfaltigen, überall in
der westlichen Welt herrschenden Trennungen am Werk. Das bezieht aber
in greifbarerer Form auch die von der historischen Avantgarde herrührenden
Versuche ein, die Trennung von Bühne und Parkett, von Handelnden und
Zuschauern, Kreativen und Rezipienten aufzuheben. Der
Vortrag wird diese vielfältigen Bemühungen der Grenzüberschreitung im
Zusammenhang und vor allem an Texten der Zeit darstellen. 1968 ist international
nicht nur eine Hochzeit der Aktion, sondern auch der Reden und Theorien.
Darum lohnt es umso mehr, einen erneuten genauen, analytischen Blick
auf die damals viel gelesenen Texte zu werfen, auf Beiträge von Jürgen
Habermas, Stuart Hall, Rudi Dutschke, David Cooper, Herbert Marcuse,
Susan Sontag, André Glucksmann, Tuli Kupferberg, Bernadine Dohrn
Priv.-Doz. Dr. Thomas Hecken, Vertreter
einer Professur für Neugermanistik an der Ruhr-Universität Bochum. Veröffentlichungen
zuletzt u.a.: »Theorien der Populärkultur. Dreißig Positionen von Schiller
bis zu den Cultural Studies« , Bielefeld 2007. »1968.
Von Texten und Theorien aus einer Zeit euphorischer Kritik« , Bielefeld
2008.
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