„Alle sind willkommen! Jeder wird
gebraucht!“ Martin Kippenbergers Vision vom Happy End
Vortrag von Doris Krystof
Zu der LVI.|56. Veranstaltung der Reihe
Personen
Projekte Perspektiven
Freitag, den 12. Dezember 2008
um 20 Uhr
laden
wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein Atelierhaus - Alte
Schule - Äbtissinsteig 6 Essen-Steele „Alle
sind willkommen! Jeder wird gebraucht!“ Martin Kippenbergers Vision
vom Happy End
Vortrag von Dr. Doris Krystof,
Kuratorin K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Kippenbergers raumgreifende Installation
„The
Happy End of Franz Kafka’s Amerika“ (1994), ein Hauptwerk der neueren Kunstgeschichte, präsentiert auf
grünem Spielfeld ein Panoptikum von mehreren Dutzend Tischen, Stühlen
und skulpturalen Objekten. Das Setting knüpft an ein Szenario
von massenhaft zu führenden Einstellungsgesprächen zur Mitarbeit in
einem großen Zirkus an, das Kafka in seinem Romanfragment „Amerika“
entworfen hat. Euphorisch-überspitzt heißt es in dem kurz vor dem Ersten
Weltkrieg geschriebenen, unvollendet gebliebenen Roman: „Alle sind willkommen,
jeder wird gebraucht“. Mit skulpturalen Mitteln
bringt Kippenberger Kafkas Romanfragment zu einem glücklichen
Ende, gleichzeitig unterzieht er sein eigenes Schaffen einer Revision. Mit jedem der Möbel und Skulpturen sind ausufernde Geschichten
verbunden, die auf Kippenberger und sein vielgestaltiges
Werk zurückverweisen. Getarnt als
Streifzug durch die Design- und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts,
stellt das Werk Existenzerhalt als eine Frage von Wettbewerb
und Kommunikation sowie als immense Gestaltungsaufgabe dar. Zum Ausdruck
kommt Kippenbergers zentrale Thematik, die - bisweilen in einem durchaus kafkaesken Sinne
- um den Kontrast von Freiheit und Reglementierung kreist, um Individualität,
künstlerische Hierarchie, gesellschaftliche Normierung und die Stellung
des Subjekts. Der Vortrag stellt die „Kafka“-Installation
mit ihren aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen stammenden Elementen
vor. Martin
Kippenberger (geboren 1953 in Dortmund, gestorben
1997 in Wien) hat in nur knapp zwanzig Jahren ein schier unermessliches Werk geschaffen. Gemälde, Skulpturen,
Zeichnungen, Multiples, Plakate, Installationen, Texte und Einladungskarten belegen eine
enorme Produktivität. Kippenbergers Arbeiten setzen sich mit
Populärkultur, bildender Kunst, Musik, Architektur, Politik, gesellschaftlichen
Fragen sowie den Ereignissen der eigenen Biografie auseinander. Punk
und New Wave, die Malerei des Neo-Expressionismus sowie ein einzigartiger
Boom auf dem Kunstmarkt stellen wichtige Bezugspunkte für Kippenbergers
Werk dar, das in den 80er Jahren einsetzt und eine in jener Zeit ungewöhnliche erzählerische Dimension entfaltet. Doris Krystof, geb.
1961, Studium der Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Geschichte in Freiburg/B.
und Köln, Dissertation über Hendrick Goltzius und den Einfluss der antiken Rhetorik auf die
Druckgraphik des niederländischen Manierismus. Seit 1993 im Bereich der modernen und zeitgenössischen
Kunst tätig (wissenschaftliche Mitarbeit an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen,
Düsseldorf, Kuratorin der Kunsthalle Wien). Seit 2001 Kuratorin an K21
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Zahlreiche Ausstellungen
und Veröffentlichungen zur modernen und zeitgenössischen Kunst mit Schwerpunkt
auf Video/Film, Fragen der Inszenierung und literarisch -theatralen Verfahren in der bildenden Kunst. Zusammen mit
Jessica Morgan, Tate Modern, Kuratorin der Ausstellung Martin Kippenberger, London und Düsseldorf 2006. Atelierhaus
-Alte Schule- Äbtissinsteig 6 45276 Essen-Steele |