
Hallo / Auf Wiedersehen
Ausstellung mit Werken der am 29. Januar 2015
verstorbenen Künstlerin
Doris Schöttler-Boll
Sonntag, 17. Mai - Sonntag, 7. Juni 2015
Eröffnung: Sonntag, 17. Mai 2015, 12 Uhr
Einführung:
Sepp Hiekisch-Picard, stellvertretender Direktor des Kunstmuseums Bochum
und Florian Neuner, Schriftsteller, Berlin
Musik: Johannes Brackmann, Kontrabass, Siggi Meier, Saxophon,
Roger van Triel, Gitarre
Ausstellungsorganisation: Doro Hülder, WBK Essen, mit dem Netzwerk
von Freundinnen und Freunden von Doris Schöttler-Boll
Multimedia: Erwin Wiemer, Wolfram Lakaszus
Forum Kunst & Architektur
Kopstadtplatz 12
45127 Essen
Tel 0201.61619885
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa, So 14-17 Uhr
Eintritt frei
Ansprechpartnerin: Doro Hülder, Tel. 01738586466,
E-Mail: kontakt@atelierhaus-essen.de. www.atelierhaus-essen.de
Hallo / Auf Wiedersehen
Eine Ausstellung mit Werken von Doris Schöttler-Boll
Das bildnerische Werk mit Fotocollagen und Mehrfachbelichtungen
der am 29. Januar 2015 verstorbenen Essener Künstlerin Doris Schöttler-Boll
wird vom 17.05. bis 07.06.2015 im Forum Kunst & Architektur in Essen
vorerst zum letzten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Danach
sollen die von 1971 bis 1994 entstandenen Bilder und Materialien in Archiven,
Museen sowie Privatbesitz ihren Platz finden. Das Leben und Arbeiten von
Doris Schöttler-Boll als Mittlerin zwischen Kunst, Wissenschaft und
Alltagskultur im Atelierhaus Alte Schule (1999-2014) spiegelt sich in
zahlreichen Dokumenten, Fotos und Videos wider, die im Rahmen der Ausstellung
multimedial von Erwin Wiemer und Wolfram Lakaszus präsentiert werden.
Das bildnerische Werk von Doris Schöttler-Boll umfasst
großformatige Fotocollagen und Mehrfachbelichtungen, in denen Doris
Schöttler-Boll eine meisterhafte Beherrschung fotografischer Montage-
und Collagetechniken in Verbindung mit analoger Reproduktionstechnik unter
Beweis stellte. Zuletzt waren ihre Arbeiten 1987 in einer von Klaus Honnef
kuratierten Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Bonn, Clemens-Sels-Museum
in Neuss und im Museum Bochum sowie im Städtischen Museum Gelsenkirchen
1991 zu sehen.
In Anlehnung an die Terminologie strukturalistischer Philosophie nannte
Schöttler-Boll ihr künstlerisches Verfahren Dekonstruktion.
Im Spiel mit der Ambivalenz von Teilhabe und Widerstand rebellierte sie
mit ihren Collagen gegen die Darstellung einer Realität aus Glanzpapier,
verwendete jedoch Fragmente aus eben diesem Material, um neue Kontexte
zu schaffen.
Die Dekonstruktion besteht nicht darin, von einem Begriff zum anderen
überzugehen, sondern darin, eine begriffliche Ordnung ebenso wie
die nichtbegriffliche Ordnung, auf die sie sich bezieht, umzukehren und
zu verschieben. Jacques Derrida, 1972
Mitte der 1990er Jahre entschied sich Doris Schöttler-Boll, nicht
mehr bildnerisch zu arbeiten, sondern wandte sich philosophischen und
ästhetischen Fragen im Zusammenhang von Theorie und Alltagspraxis
zu. So machte sie ab 1999 das Atelierhaus Alte Schule im Äbtissinsteig
in Essen-Steele zum Zentrum ihres künstlerischen Lebens und Wirkens.
Neben Ausstellungen, Lesungen und Festen richtete sie über 90 Veranstaltungen
der Reihe Personen Projekte Perspektiven aus mit hochkarätiger Besetzung
von Künstlern, Wissenschaftlerinnen, Autoren und Verlegerinnen (unter
anderen Harun Farocki, Urs Jaeggi, Timm Ulrichs, D. E. Sattler, Claudia
Gehrke und Rike Felka). Diese Veranstaltungsreihe wurde zur Legende, weil
sie Tendenzen des ästhetischen Diskurses frühzeitig aufspürte
und weil die belesene Doris Schöttler-Boll charmant zu intervenieren
wusste. Dokumentiert sind die Aktionen durch Fotografien, Videos und Texte.
So werden auch Fotos und Videos von Erwin Wiemer und Wolfram Lakaszus
in der Ausstellung Hallo / Auf Wiedersehen multimedial präsentiert.
Dass die Ausstellung kurzfristig nach dem Tod von Doris Schöttler-Boll
zu Stande kommt, liegt auch an der Zwangslage, das Atelierhaus Alte Schule
(städtischer Besitz) bis Mitte Mai 2015 räumen zu müssen.
Befreundete Künstler verzichten zugunsten der Präsentation von
Schöttler-Bolls Werk auf ihren geplanten Ausstellungstermin im Forum
Architektur & Kunst. Dies ist eine Reminiszenz an die Künstlerin
und ihren Einsatz für die hiesige Kunstszene. Zugleich ist Zeit gewonnen,
denn der Verbleib ihrer Kunstwerke ist nicht abschließend gesichert.
Das Atelierhaus Alte Schule steht jetzt leer und wartet auf einen Investor.
Die ehemalige Kulturhauptstadt Europas ist um eine Kultureinrichtung ärmer.
Bilder, Materialien und Skizzen der Künstlerin sollen in Archiven,
Museen und Privatbesitz untergebracht werden. Was an Unterlagen für
die Stadtgeschichte Essens von Belang ist, hat das Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv
aufgenommen. Für zwei großformatige Collagen signalisiert das
Kunstmuseum Bochum Interesse. Der Bruder der Künstlerin, Klaus Boll,
wünscht sich, dass das Werk seiner Schwester für die Öffentlichkeit
zugänglich bleibt. Als Netzwerkerin sei ihr Kultur als Gemeinschaftsgut
wichtig gewesen. Damit sich dieser Wunsch zumindest eine Zeitlang erfüllt,
hat ein Netzwerk von Freunden die Ausstellung Hallo / Auf Wiedersehen
ermöglicht.
BIOGRAFIE
Geboren 1945 in Nördlingen in Bayern, wuchs Doris Schöttler-Boll
in Essen auf, schloss 1962 eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau ab,
studierte an der Folkwangschule für Gestaltung, Werkgruppe Plastik,
(1966-1970) und anschließend Kunst an der Düsseldorfer Akademie
bei Karl Bobek und Joseph Beuys (1970-1974). Sie begann Mitte der 1970er
Jahre ihre Arbeit als freie Künstlerin und entwickelte ihr spezielles
dekonstruktives Verfahren der fotografischen Collage, indem sie Bilder
demontierte und in einem anderen Kontext neu konstruierte.
Bei einem längeren Paris-Aufenthalt 1975 lernte sie Jacques Derrida,
Pierre Macherey, Étienne Balibar und Louis Althusser kennen und
vertiefte ihr Interesse für Philosophie und Theorien zur Ästhetik.
Von 1975-78 studierte sie an der Ruhr-Universität Bochum Publizistik,
Philosophie, Kunstgeschichte und Sozialwissenschaft.
Von 1979 bis 1986 war sie als Lehrbeauftragte für Kunst und Medien
an der Universität Bremen tätig. Als artist in residence
kehrte sie 1985 nach Essen zurück, lebte und arbeitete fortan schwerpunktmäßig
im Ruhrgebiet. Im Jahr 1988 bezog sie ihr Atelier in der ehemaligen Pestalozzischule
Schule in Essen-Steele und baute es zu einem Zentrum für Kultur und
Kommunikation auf. Ab 1995 konzentrierte sie sich auf künstlerische
Vermittlungsprozesse und die Arbeit an einer sozialen Plastik
im Beuysschen Sinn. Ihr Ziel war es, vor Ort in der urbanen Peripherie,
Kunst und Alltag, Theorie und Praxis in Diskurs zu setzen und Menschen
mit verschiedenen Kontexten miteinander in Austausch zu bringen und zu
vernetzen, um gesellschaftliche Veränderungen mittels ästhetischer
Kommunikation zu initiieren. Das Atelierhaus Alte Schule gestaltete sie
zu einem Ort für Kunst, Medien und Kommunikation mit einem Programm
von Vorträgen, Performance, Ausstellungen und Festen. Mit der ab
1999 kuratierten Reihe Personen Projekte Perspektiven
erweiterte Schöttler-Böll den kunstästhetischen Diskurs
in alle Bereiche des Lebens von Dichtkunst über Film bis zur
Philosophie.
Zu ihren wichtigen Ausstellungen zählt die von Klaus
Honnef konzipierte Einzelausstellung DEKONSTRUKTIONEN / oder vom
Widersprechen in Bildern (Landesmuseum Bonn und Museum Bochum) sowie
die von ihr organisierte Ausstellung UNTER EINEM HIMMEL mit
eigenen und Arbeiten von Timm Ulrichs (Schloß Borbeck).
Weitere Ausstellungen: Kunstamt Neukölln (Berlin),
Museum Bochum (Bochum), Fotoforum Bremen (Bremen), Steintorgalerie (Bremen),
Weserburg (Bremen), Galerie des Europarats (Bruxelles), Museum Ehrenhof
(Düsseldorf), Museum Gelsenkirchen (Gelsenkirchen), Clemens-Sels-Museum
(Neuss), Studio von Schloß Oberhausen (Oberhausen), Stollwerkfabrik
(Köln), usw.
Am 29. Januar 2015 verstarb Doris Schöttler-Boll
im Atelierhaus Alte Schule begleitet vom Kreis Ihrer Freunde.
Zur Ausstellungsorganisation:
Ausstellungsorganisation:
Doro Hülder, geb. 1950, ist Mitglied im WBK Essen und arbeitet als
freischaffende Künstlerin mit Atelier in der Nordstadt Essen.
Multimedia:
Erwin Wiemer, geb. 1957, lebt in Essen, ist Fotograf, Filmemacher und
Videokünstler. Wiemer dokumentiert das kulturelle Leben der Stadt,
hat unter anderem das Atelierhaus Alte Schule und die Arbeit von Doris
Schöttler-Boll über Jahre fotografisch und filmerisch begleitet.
Wolfram Lakaszus, geb. 1961 in Hannover, lebt und arbeitet als freier
Medien- und Konzeptkünstler in der Metropole Ruhr.
Redner:
Florian Neuner, geb. 1972 in Wels, Oberösterreich, lebt in Berlin,
arbeitet als Schriftsteller und Journalist. Als Verfasser des Buchs Ruhrtext
und literarischer Begleiter der EMSCHERKUNST.2013 war er mehrmals im Atelierhaus
Alte Schule als Referent zu Gast.
Sepp Hiekisch-Picard, geb. 1956, ist Geschäftsführer des Westdeutschen
Künstlerbundes und stellvertretender Direktor des Kunstmuseum Bochum.
Er eröffnete mit seiner Rede 1987 die Ausstellung Dekonstruktionen
/ oder vom Widersprechen in Bildern von Doris Schöttler-Boll im Museum
Bochum.
Musik:
Trio: Brackmann/Meier/van-Triel
Besetzung:
Johannes Brackmann/Essen: Kontrabass
Siegfried Meier/Duisburg: Saxophone
Roger van Triel/Herne: Gitarre/Loops
Die drei Musiker spielen seit mehreren Jahren in der Jazz-Formation :
between: zusammen mit der Sängerin Gaby Frece und dem Dortmunder
Schlagzeuger Michael Peters und kennen sich persönlich schon seit
vielen Jahren.
Eigens zur Ausstellung der Werke von Doris-Schöttler-Boll hat das
aus der Band ausgekoppelte Akustik-Trio ganz eigene Musik ausgewählt
und arrangiert. Die Prinzipien von Collage und Dekonstruktion sind dabei
die strukturierenden Elemente.
Die Verbindung zu Doris Schöttler-Boll hat sich über den Bassisten
Johannes Brackmann hergestellt, der seit vielen Jahren das Kulturzentrum
GREND in Essen Steele leitet und Doris seit gut 20 Jahren kennt. In zahlreichen
Projekten und Aktivitäten hat er und das GREND dabei mit ihr und
dem Verein Atelierhaus Alte Schule im Stadtteil zusammengearbeitet.
|